Slow-Living, der jetzige Moment und die gute alte Achtsamkeit im Alltag

Was das neumodische Slow-Living mit Achtsamkeit zu tun hat und wie wir dies wirklich nutzen können

Slow LivingIn den sozialen Netzwerken zeigt sich immer mehr der Trend zum sogenannten Slow-Living. Letztendlich ist dies nur wieder ein neuer Versuch, das aus dem Buddhismus stammende Prinzip des achtsamen Lebens neu zu verkaufen. Aber es funktioniert und letztlich ist es ja auch ganz egal, wie man die Sache beim Namen nennt.

Slow Living bedeutet, sich bewusst dazu zu entscheiden, die Dinge langsamer und bewusster zu machen: Jede Handlung bewusst wahrzunehmen und durchzuführen. Weg vom Konsumwahnsinn und vom Leistungsdruck hin zum bewussten Genießen seiner Zeit und zur positiven Neubewertung der einfachen Dinge.

Die Schönheit des jetzigen Moments

Den jetzigen Moment voll auszukosten bringt die alltäglichen kleinen Glücksmomente. Denn so wie Eckhart Tolle bereits vor Jahren sagte: Der jetzige Moment ist das Einzige, was wir wirkliche besitzen. Auf ein besseres Morgen zu hoffen bedeutet nur, “das Jetzt” nicht zu akzeptieren. In der Vergangenheit zu schwelgen zeigt, dass der jetzige Moment verurteilt wird.

AchtsamkeitEckhart Tolle geht sogar so weit zu sagen, dass die bewusste Erfahrung des “Jetzt” eine kraftvolle Möglichkeit ist, wirklich hinter die Kulissen des Universums zu schauen und die heiß ersehnte Erleuchtung zu erlangen, was wiederum die Befreiung von allem Leiden bedeutet. Das Konzept und das menschliche Verständnis der Zeit ist in seinen Augen irrelevant, da es sich im Prinzip immer nur um eine Aneinanderreihung der jetzigen Gegenwart handelt, also ein “Jetzt” nach dem anderen – seit immer – für immer.

Achtsamkeit im Alltag aktivieren

Schneller, weiter, mehr. Alles muss immer extrem sein, um von uns als gut oder erstrebenswert beurteilt zu werden. Ein ständiger Vergleich führt meist dazu, sein eigenes Dasein herunter zu werten und das Glück im weit entfernten Außen zu suchen.

Dabei füllen wir doch unsere meiste Zeit mit wiederkehrenden, “langweiligen” Alltagshandlungen: die Wäsche waschen, den Abwasch machen oder Einkaufen gehen. Oft wird genau das schnell erledigt und da man es ja schon so oft getan hat, als lästig abgetan. Im Kopf ist man oft schon ganz woanders, während der Körper ganz automatisiert und unbewusst all die Handgriffe ausführt. Was also passiert, ist eine Abspaltung zwischen Geist und Körper. Kein Zusammenspiel, sondern eine gelebte Diskrepanz.

Genau hier setzt das Slow-Living oder auch der achtsame Alltag ein.

MeditationDabei geht es nicht darum, die Dinge langsamer zu machen, sondern einfach mit Bewusstheit durchzuführen. Voller Aufmerksamkeit ganz bewusst seinen Körper zu spüren, während man eine Handlung durchführt, die man schon tausendmal getan hat: Das warme Wasser auf der Haut beim Abwasch, die Muskelanspannung beim Tragen der Einkaufstüten, der Geruch und die Hitze beim Kochen.

Was dabei passiert ist, dass dich eine innere Ruhe überkommt und die Zeit scheint still zu stehen und sich unendlich auszudehnen. Alles beginnt langsamer zu strömen, man hat scheinbar ewig Zeit und doch vergeht die Uhr wirklich langsamer.

Vor ein paar Wochen, wo es viele Unsicherheiten in mir und im Außen gab, habe ich dieses Prinzip mal ganz bewusst ausprobiert und in Kanada eine Schwarzwälder Kirschtorte für den Geburtstag meiner Schwester gebacken. Das war ein Erlebnis, das mir für immer im Gedächtnis bleiben wird. Einerseits hat es mich extrem runtergebracht und meine innere Anspannung stark verringert und zudem habe ich zum ersten Mal einen Tortenboden gezaubert, der nicht gebröselt hat, lecker schmeckte und sich ganz leicht in 3 Böden teilen ließ. Und die Zeit schien sich wirklich unendlich auszudehnen, fast so, als ob sie nicht existieren würde. Es war eine Sinneserfahrung.

Den inneren Beobachter aus der Mediation mit in den Alltag einladen

Im Jetzt seinDer Buddhismus beruht auf der Annahme, dass das Leiden im Außen nichts mit dir zu tun hat. Dass du – egal was um dich passiert, ob nun positiv oder negativ – in der Lage bist, dies als stiller Zeuge ohne Verurteilung zu beobachten.

Vor ein paar Tagen lernte ich hier in Bali Wayan, einen buddhistischen Mönch, kennen, der mich etwas Wertvolles lehrte: “Accept – Flow – Smile”.

Akzeptiere das Außen, bleibe offen und in Bewegung und lächle, egal was passiert. Dies ist eine buddhistische Mediationspraxis, die sich wunderbar auch vom Meditationskissen in die Küche übertragen lässt.

Beobachte dich doch mal selber, wie du da stehst und gestresst die Sachen in den Kühlschrank räumst. Kannst du überhaupt noch spüren, wo dein Körper verspannt ist? Hörst du deinen eigenen Gedanken zu oder rattern sie einfach vor sich hin?

  • Beim “accept” geht es nicht darum zu verurteilen, sondern erstmal zu erkennen, was die Situation ist und dies als Status quo zu akzeptieren.
  • “Flow” entsteht, wenn du den jetzigen Moment voll auskostest und dich bewusst dem ständigen Wandel der verändernden Energie hingibst.
  • Was daraus dann folgt, ist “Smile”. Der lächelnde Buddha, den nichts mehr aus der Ruhe bringt und der anerkennt, dass das Rad der Zeit sich unendlich dreht, unabhängig von seinem Leiden, seiner Existenz oder seiner Beurteilung.

Neubewertung und Sinneserfahrungen

Entspannungsmusik im AlltagWas all das von uns fordert, ist eine radikale Neubewertung und ein bewusstes Abwenden unserer unbewusst angenommenen Beurteilungen dieser Welt.

Nach Erreichen der selbstgesteckten Ziele, welche durch harte Arbeit und starker Anstrengung erlangt wurden, berichten viele von einer inneren Leere. Die weit bekannte Midlifecrisis entsteht oft genau dann, wenn Stabilität im Außen erreicht wird, im Innern aber Chaos herrscht. Wenn man ernüchtert feststellen muss, dass die Freude im Außen nicht unbedingt mit Freude im Innern einhergeht.

Achtsames Leben dreht genau dies um:. Freude im Innern, unabhängig vom Außen.

Und all das kann durch das achtsame und bewusste Wahrnehmen des jetzigen Moments erreicht werden. E, egal was man in dem Moment tut. Und mal wieder durch Einbezug des Wunders Körper.

Eine Massage mit allen Sinnen erfahren

TiefenentspannungsmassageUnser Körper führt uns immer wieder zurück ins Jetzt. Unsere Sinne geben uns die ganze Zeit Rückmeldungen über den jetzigen Moment. Und wenn unser Körper sich wohl fühlt, fühlen wir uns auch insgesamt wohl.

Unser Körper ist unser Tempel und dieser sollte entsprechend verehrt werden.

Das Prinzip der Achtsamkeit kann ganz leicht auf eine sinnliche Massage übertragen werden.

Das bewusste Spüren der Hände des Partners oder des professionellen Masseurs auf der eigenen Haut. Der intensive Geruch des Massageöls, der sich im Zimmer ausbreitet. Das innere Empfinden, wie die Verspannung sich nach und nach löst. Und auch die Wahrnehmung des Schmerzes, der damit einhergeht. Die Entspannung, die sich im ganzen Körper ausbreitet. All dies sind wunderbare Übungsplätze für achtsames und bewusstes Wahrnehmen des jetzigen Momentes: Slow-Living.

Ich wünsche Dir “slow”, bewusste und freudvolle Momente,
Anjuli ❁


Quellenverzeichnis

  1. Eckhart Tolle, Jetzt! – „die Kraft der Gegenwart“, Kamphausenverlag, 2010.
RR

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